Desinfektion: Hände, Flächen & Instrumente – der kompakte Leitfaden

Desinfektion senkt das Infektionsrisiko zuverlässig – in Praxis, Pflege, Gastronomie, Lebensmittelproduktion und im Alltag. Dieser Leitfaden erklärt die wichtigsten Methoden, Wirkspektren und Normen und hilft bei der Auswahl passender Produkte für Hände, Flächen und Instrumente.

Was ist Desinfektion (vs. Reinigung & Sterilisation)?

Reinigung entfernt Schmutz und reduziert Keime mechanisch. Desinfektion inaktiviert oder tötet die meisten Mikroorganismen, sodass keine Infektion mehr entstehen kann. Sterilisation beseitigt alle lebensfähigen Keime (inklusive Sporen). In der Praxis gilt: erst reinigen, dann desinfizieren – und nur dort sterilisieren, wo es aufgrund des Risikos erforderlich ist.

Methoden der Desinfektion

Chemische Desinfektion

• Alkohole (Ethanol, Isopropanol): Standard für Händedesinfektion und Schnelldesinfektion sowie getränkte Desinfektionstücher von glatten Flächen; optimale Wirkung typischerweise um ca. 70 % Alkohol mit definierter Einwirkzeit.
• Oxidationsmittel (Wasserstoffperoxid, Chlor, Chlordioxid, Ozon): Breites Spektrum, teils rückstandsarm; Dosierung, Materialverträglichkeit und Lüftung beachten.
• Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV): Häufig in Flächendesinfektion und Tüchern; materialschonend, geruchsarm.
• Jod/Polyvidon-Iod: Hautantiseptik; breite Wirksamkeit, je nach Anwendung und Hautzustand wählen.
• Aldehyde, Peressigsäure: Für Instrumente und spezielle Anwendungen; sehr wirksam, aber handhabungs- und sicherheitskritisch.

Physikalische / thermische Desinfektion

• Hitze/Dampf: Thermische Desinfektion in Reinigungs-Desinfektionsgeräten; Wäsche bei 60–95 °C.
• Autoklav/Sterilisation: Dampf unter Druck (Sterilisation) für kritische Instrumente – nicht mit Desinfektion verwechseln.
• UV-C und Filtration (HEPA): Ergänzende Verfahren für Luft/Wasser und partikuläre Entfernung.

Händedesinfektion (EN 1500 / EN 12791)

Für die hygienische Routine gilt EN 1500; für OP-Teams die chirurgische Händedesinfektion nach EN 12791. Verfügbare Formen: alkoholische Lösungen wie Händedesinfektionsmittel, Gele und Händedesinfektionstücher. Wichtig sind vollständige Benetzung, ausreichende Produktmenge und die Einwirkzeit (oft etwa 30 Sekunden; produktabhängig).

Beispiele etablierter Marken und Serien: Sterillium (Bode/Hartmann), desderman/desmanol (Schülke), Aseptoman (Dr. Schumacher). Für empfindliche Haut bieten sich parfüm-/farbstofffreie Varianten mit pflegendem Rückfettungssystem an.

Flächendesinfektion (EN 13697 / EN 14476 / EN 16615)

Für häufig berührte Bereiche empfiehlt sich die Wischdesinfektion. EN 13697 prüft die Oberflächenwirksamkeit, EN 14476 die Virenwirksamkeit, EN 16615 den 4-Felder-Wischtest (Tücher). Es gibt Schnelldesinfektion (gebrauchsfertige Sprays/Desinfektionstücher) und Konzentrate für Großflächen. Auf Materialverträglichkeit achten (z. B. alkoholfreie Formulierungen für Acrylglas/Kunstleder).

Beispiele etablierter Serien: mikrozid (Schülke), Bacillol (Bode/Hartmann), sowie Lösungen/Konzentrate weiterer Hersteller.

Instrumentendesinfektion & Sterilisation

Aufbereitung nach Spaulding-Klassifikation: reinigen → desinfizieren → ggf. sterilisieren. Semikritische/nichtkritische Medizinprodukte werden desinfiziert; kritische Instrumente müssen steril sein. Für manuelle Tauchbäder und maschinelle Verfahren stehen geeignete Instrumentendesinfektionsmittel bereit. Dr. Schumacher, Bode/Hartmann und Schülke bieten hierfür spezialisierte Produkte an. Immer Herstellerangaben, Materialverträglichkeit und Prozessvalidierung beachten.

Wirkspektren & Einwirkzeiten

• bakterizid: wirksam gegen Bakterien; levurozid/fungizid: Hefen/Pilze
• begrenzt viruzid: behüllte Viren (z. B. Coronaviren, Influenza)
• begrenzt viruzid PLUS: zusätzlich definierte unbehüllte Viren
• viruzid: behüllte und unbehüllte Viren
• sporizid: Sporenbildner

Einwirkzeit: Die Fläche/Haut muss während der gesamten Kontaktzeit sichtbar benetzt bleiben. Zeiten sind produkt- und spektrumsabhängig (von ~30 Sekunden bis mehrere Minuten).

Kaufcheckliste & Sicherheit

• Einsatzbereich: Hände (EN 1500/12791), Flächen (EN 13697/14476/16615), Instrumente (Aufbereitungsvorgaben).
• Form: Lösung, Gel, Tuch, Konzentrat; Packgrößen von 100 ml bis 5 l passend zum Spendersystem.
• Wirkung: gefordertes Spektrum (z. B. begrenzt viruzid vs. viruzid) und passende Einwirkzeit.
• Verträglichkeit: Hauttyp bzw. Material (Acrylglas, Kunstleder, Edelstahl).
• Sicherheit: Belüften, Konzentrate korrekt dosieren, Produkte nicht mischen (z. B. Chlor + Säure vermeiden), Kinder fernhalten.

FAQ – Häufige Fragen

Was ist der Unterschied zwischen reinigen und desinfizieren?

Reinigen entfernt Schmutz und senkt Keime mechanisch, Desinfizieren tötet/inaktiviert Keime chemisch oder physikalisch. Beides ergänzt sich: erst reinigen, dann desinfizieren.

Welche Methoden der Desinfektion gibt es?

Im Wesentlichen chemische (z. B. Alkohol, Oxidationsmittel, QAV) und physikalische/thermische Verfahren (Hitze, Dampf, UV-C). Auswahl nach Einsatz, Material und gewünschtem Spektrum.

Was bedeutet Einwirkzeit bei der Desinfektion?

Das ist die notwendige Kontaktzeit, in der das Mittel feucht auf Haut/Fläche verbleiben muss, um die zugesicherte Wirksamkeit zu erreichen. Nicht vorzeitig abwischen oder abtrocknen.

Warum wird häufig 70 % Alkohol empfohlen?

Der Wasseranteil fördert die Proteindenaturierung und verlangsamt die Verdunstung, wodurch Alkohole in dieser Konzentration besonders wirksam und praxisgeeignet sind.

Wie desinfiziere ich Flächen korrekt?

Erst reinigen, dann vollständig benetzen (Wischmethode), Einwirkzeit einhalten, anschließend trocknen lassen. Materialverträglichkeit prüfen; Sprühnebel möglichst vermeiden.

Darf man Flächendesinfektionsmittel für die Hände verwenden?

Nein. Flächendesinfektion ist nicht für die Haut formuliert. Für Hände nur dafür zugelassene Händedesinfektionsmittel verwenden.

Wie werden Instrumente gereinigt, desinfiziert und sterilisiert?

Reinigen (manuell/Ultraschall/RDG) → desinfizieren (Tauchbad/thermisch) → ggf. sterilisieren (Dampf im Autoklaven oder andere validierte Verfahren) – abhängig von Risiko und Material.

Was ist eine chirurgische Händedesinfektion und wann wird sie durchgeführt?

Eine längere, strengere Einreibeprozedur vor operativen Eingriffen (EN 12791), um die Keimzahl dauerhaft zu senken. Sie ergänzt nicht sterile Handschuhe, sondern verbessert die Sicherheit.

Wie kann ich Wäsche desinfizieren?

Bei 60 °C und höher waschen; alternativ geeignete Wäschedesinfektions-Zusätze gemäß Anleitung verwenden. Textilverträglichkeit beachten.

Sind Hausmittel sinnvoll?

Heißes Wasser/Dampf und gründliche Reinigung sind wirksam. Essig hat begrenzte desinfizierende Eigenschaften. Für definierte Wirkspektren sind geprüfte Desinfektionsmittel die zuverlässigere Wahl.

Hinweis: Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen und Herstellerangaben befolgen.